Ende Februar erhielt der Verein Soziale Intergrationshillfen die Kündigung seiner Geschäftsräume am Alten Güterbahnhof in Münster. (Foto: Oliver Brand)

Verein Soziale Integrationshilfen Münster sucht neue Heimat

Elf Jahre lang hat der Verein Soziale Integrationshilfen seine Heimat an der Hafenstraße in Münster gefunden. Anfang des Jahres erhielt er die Kündigung des Mietverhältnisses – und sucht seitdem nach einer neuen Bleibe. Bislang ohne Erfolg. Und die Zeit drängt.

Wer Jörg Benscheidt derzeit nach seinem Gemütszustand fragt, darf keine allzu euphorischen Antworten erwarten. Nicht allzu gut gehe es ihm gerade, sagt Benscheidt dann. Er schlafe schlecht. Mache sich Sorgen. Es geht um Existenzängste. Eine ungewisse Zukunft. Und vor allem um ein gekündigtes Mietverhältnis.

Benscheidt ist Leiter des Vereins Soziale Integrationshilfen Münster, der unter anderem Menschen mit Suchtproblemen hilft und betreutes Wohnen organisiert. Was ihm solche Sorgen bereitet: Ende Februar erhielt der Verein die Kündigung seiner Geschäftsräume am Alten Güterbahnhof. Bis zum 30. Juni dieses Jahres soll der Verein das Gebäude an der Hafenstraße 64 verlassen. Wie es danach weitergeht, ist noch unklar.

Direkte Kontaktaufnahme ohne Erfolg

„Bei dem Gedanken, dass wir am Ende womöglich keine Lösung finden könnten, bekomme ich Bauchschmerzen“, sagt Benscheidt. Warum sie raus müssen? Der Vermieter, die Holtz Immobilienentwicklung mit Sitz in Münster, habe Benscheidt zufolge eine „Umstrukturierung“ als Kündigungsgrund genannt. Mietrückstände oder andere Probleme habe es nicht gegeben. Gerne hätte der Diplom-Pädagoge noch einmal persönlich das Gespräch mit der Geschäftsleitung geführt. Doch eine direkte Kontaktaufnahme blieb bislang ohne Erfolg. Derzeit läuft ein Austausch mit der Verwaltung über eine mögliche kurzfristige Alternative. Die Holtz Immobilienentwicklung ließ Anfragen dieser Redaktion unbeantwortet.

Juristisch sei der Vorgang einwandfrei, sagt Benscheidt. Man habe den Schritt rechtlich prüfen lassen. Demnach sieht das Gewerbemietrecht bei einer ordentlichen Kündigung – anders als beim Wohnmietrecht – keine Angabe von Kündigungsgründen vor. An einer Auseinandersetzung ist dem Verein ohnehin nicht gelegen. Weil sich allerdings die Suche nach neuen Büroräumen äußert schwierig gestaltet, hätte der Verein gerne um einen Aufschub gebeten. Hohe Mieten, wenig bezahlbarer Raum: „Jeder kennt den Wohnungsmarkt in Münster, dazu kommt die Coronakrise – da kann man sich vorstellen, wie unsere Situation gerade aussieht“, so Benscheidt. Und die spitzt sich mit jedem weiteren Tag zu.

Seit 2009 an der Hafenstraße zu Hause

Seit elf Jahren hat der 2009 gegründete Verein sein Zuhause an der Hafenstraße. Fünf Räume verteilen sich auf etwa 120 Quadratmeter. Neben Benscheidt sind vier weitere Mitarbeiter*innen bei der Sozialen Integrationshilfe tätig. In Beckum im Kreis Warendorf hält der Verein noch ein weiteres Büro mit drei Beschäftigten. Sie beraten und unterstützen hilfesuchende Menschen – sei es im Bereich Gesundheit, Wohnen, Sozialkompetenz oder Arbeit. Aktuell betreut das Team in Münster 52 Klienten. Ihnen soll die Rückkehr zu einer aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden.

Dass der Betrieb am Alten Güterbahnhof nur noch bis zum Sommer aufrecht erhalten werden kann, bereite auch den Betroffenen Sorgen, sagt Benscheidt. Ihn erreichten immer wieder Anfragen, was nach dem 30. Juni komme und wo ihnen in Zukunft geholfen werden soll. „Viele haben einfach Angst“, sagt der Leiter der Sozialen Integrationshilfe. Die zentrale Lage in Hafennähe helfe dabei, mit möglichst vielen Menschen in Kontakt zu treten und vor allem in Kontakt zu bleiben. Der Verein mache zwar auch Hausbesuche, aber der Großteil der vertraulichen Gespräche finde in den Räumen am Alten Güterbahnhof statt. Entsprechend groß ist der Wunsch, eine Unterkunft in einer ähnlich guten Lage zu finden.

Brief an Oberbürgermeister

Zwischen 90 und 120 Quadratmeter groß soll die neue Bleibe sein und am besten über vier, fünf Räume verfügen. An der Hafenstraße zahlt der Verein derzeit etwas über neun Euro pro Quadratmeter. Ein wenig Spielraum sei vorhanden. Aber Mieten von 14 Euro pro Quadratmeter, wie sie dem Verein auf der Suche nach neuen Büros bisweilen begegnet sind, seien nicht zu stemmen. „Viele Preisvorstellungen sind einfach utopisch“, sagt Benscheidt. Der Verein hat sich in seiner Not bereits an das Immobilienmanagement der Stadt gewandt, ebenso an den Landschaftsverband. Geholfen hat das bislang genauso wenig wie ein Brief an Oberbürgermeister Markus Lewe. „Wir finden einfach nichts“, sagt Benscheidt. „Da wird man zunehmend verzweifelt.“

Markus Lewe, heißt es vonseiten der Stadt, bedauere sehr, „dass der Verein durch die Kündigung des Mietverhältnisses in diese Notlage geraten ist“. Er habe Kontakt mit dem Vermieter ebenso wie mit dem Amt für Immobilienmanagement aufgenommen. „Allerdings verfüge die Stadt selbst über nur wenig Immobilieneigentum“, so die Verwaltung. Das Amt für Immobilienmanagement habe den städtischen Bestand geprüft, könne dem Verein aber leider keine geeigneten Räumlichkeiten anbieten. Daher seien „ganz praktische Unterstützungsmöglichkeiten (…) leider sehr begrenzt“. Und so spitzt sich die Lage weiter zu.

Findet der Verein bis zum 30. Juni keine neuen Räume, „müssten wir erst mal improvisieren und Plan B und C aus der Schublade holen“, sagt Benscheidt. Heißt: Angebot und Beratung müssten auf mehrere Standorte und kleinere Büros aufgeteilt werden – das Vorhandensein entsprechender Räume vorausgesetzt. Optimal sei das freilich nicht. „Aber wir können die Betreuung unserer Klienten ja nicht einfach aussetzen“, so der Diplom-Pädagoge. Deshalb hofft der Verein, so schlecht die Aussichten auch sein mögen, doch noch auf ein gutes Ende. Egal wie.

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