Trotz Streaming-Plattformen, CDs oder mp3-Format – das gute alte Vinyl ist einfach nicht totzukriegen. Das ist in Münster nicht anders als in den meisten anderen Städten. Und selbst wenn in der Domstadt im Laufe der Jahre Plattenläden wie Elpi, Jörgs CD-Forum oder Das Ohr ihre Türen schließen mussten, kann man sich hier nach wie vor auf die Suche nach Schallplatten machen.
Seit 2006 ist der Umsatz mit Vinyl in Deutschland mit Ausnahme eines kleinen Rückgangs 2018 kontinuierlich gewachsen. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 79 Millionen Euro. Auch in Münster erfreut sich die Schallplatte großer Beliebtheit. Zwar gibt es – große Ketten wie Saturn und Media Markt einmal ausgenommen – nur noch wenige Läden in der Stadt, die vorwiegend auf Neuware setzen. Dafür findet sich eine Reihe an kleineren Läden, die mit gut sortierter Second-Hand-Ware punkten können. Wir haben uns auf eine Entdeckungstour durch die Domstadt begeben.
Green Hell Store, Winkelstraße 10, 48413 Münster
Gibt es seit: Green Hell Records existiert bereits seit 1993 in Münster und ist – wenn man es genau nimmt – einer der noch verbliebenen Plattenladen mit Neuware in der Domstadt. Ein wesentliches Standbein ist der Online-Verkauf.
Findet sich hier: Angefangen hat alles in der Achtermannstraße. Es folgten mehrere Umzüge: Über das Geschäft an der Von-Steuben-Straße ging es schließlich in die Winkelstraße 10, wo Green Hell bis heute beheimatet ist.
Das Sortiment: War Green Hell anfangs vor allem auf das Punk- und Hardcore-Genre und zum Teil Indie spezialisiert, wurde das Angebot im Laufe der Jahre auf Rock-, Hip-Hop-, Jazz oder Elektro-Alben erweitert. Selbst LPs von Eric Clapton oder Miles Davies sind keine Ausnahme mehr. Dazu gibt es Band-Shirts, Merchandise und Magazine. „Wir sind sicherlich einer der Top-Independent-Läden in NRW“, so Burkhard Jünger, der Green Hell gemeinsam mit Frank Kestennus gegründet hat. Fast alles ist Neuware, es gibt aber auch Second-Hand-Alben.
Über Musik reden: Wer sich über Musik austauschen will, ist hier richtig. Ein Gespräch kann da auch schon mal ein wenig länger dauern. „Man quatscht einfach sehr viel mit seinen Kunden über Musik und lernt darüber selbst neue Sachen kennen“, sagt Jünger. Die Masse an Bands sei mittlerweile so groß, „da kann man gar nicht mehr alles kennen“.
Andrä, Verspoel 21, 48143 Münster
Gibt es seit: Andrä ist seit mehr als 30 Jahren fester Bestandteil der Musik-Szene in NRW. Einst als CD-Verleih im Dortmunder Stadtteil Barop gestartet, siedelte sich das von Dirk Andrä gegründete Unternehmen kurz darauf auch in Münster an.
Findet sich hier: Der Laden liegt am Verspoel, nur ein paar Meter entfernt vom Ludgerikreisel mit direkter Anbindung zur Fußgängerzone. Der Weg dorthin war weit: angefangen vom Aasee über das Kuhviertel, den Servatiiplatz und den Alten Steinweg.
Das Sortiment: Von Rock und Pop über Jazz und Klassik hin zu Reggae und Country oder Punk und Indie: Grenzen gibt es bei Andrä keine. „Eigentlich ist für alle etwas dabei“, sagt Mitarbeiterin Daniela. Neben den „gewöhnlichen“ Platten können Interessierte in einer Raritäten-Box nach seltenen Aufnahmen suchen. Dazu gibt es CDs, DVDs, Blu-rays und Videospiele.
Über Musik reden: Funktioniert hier immer. „Da geht es dann mal um Bands, mal um Konzerte oder einfach nur ganz allgemein über Musik“, sagt Daniela, die selbst Vinyl-Sammlerin ist. Wer hier arbeitet, sollte ohnehin „eine gewisse Leidenschaft dafür mitbringen“. Sie selbst fing Mitte der 2000er bei Andrä als studentische Aushilfskraft an – und blieb bis heute. „Ich habe mein Studium damals beendet, weil es das war, was ich machen wollte“, sagt sie. Leidenschaft eben.
Wer sollte hier stöbern? Wer gerne nach Schnäppchen Ausschau hält, ist bei Andrä gut aufgehoben und kann sich durch eine große Auswahl an Second-Hand-Vinyl kramen. Aber auch Sammler, „die ein Album vielleicht schon in fünf unterschiedlichen Versionen haben, kommen zu uns, um noch diese eine weitere ganz spezielle Pressung zu finden“, so Daniela.
Poptanke, Bremer Straße 27, 48155 Münster
Findet sich hier: Nachdem das Ladengeschäft beim Start zunächst an der Weseler Straße beheimatet war, findet die Poptanke ihr Zuhause seit 2015 im Hansaviertel und erfreut sich seitdem an der Laufkundschaft zwischen Bahnhof und Hafen.
Das Sortiment: Die gut sortierte Vinyl-Abteilung bietet eine umfangreiche Auswahl für jeden Geschmack. Die etwa 4.000 gebrauchten Platten verteilen sich dabei auf fast alle Genres – von Pop/Rock über Indie, Metal, Jazz bis zu Reggae oder Eletronik. „Und wer Schlager möchte, bekommt bei mir auch Schlager“, sagt Inhaber Markus Ronne. CDs, DVDs, Kassetten und jede Menge Bücher gehören ebenfalls zum Sortiment.
Über Musik reden: Wer Hilfe braucht, dem wird geholfen. Ronne hat für alle Kunden ein offenes Ohr. Gespräche über Musik und Literatur gehen immer. „Es kommen viele, die mir von ihren Sammlungen erzählen“, sagt er. „Wenn ich die Leute dann einschätzen kann, lege ich ihnen auch schon mal etwas zurück, wenn ich glaube, dass es ihnen eine Freude machen würde.“
Wer sollte hier stöbern? Die Poptanke ist eine wahre Fundgrube für Vinylnerds. „Wer sich inspirieren lassen will, ist hier gut aufgehoben“, sagt Ronne. Da kann ein Besuch dann gerne auch schon mal ein, zwei Stunden dauern. Und wer regelmäßig vorbeischaut, nutzt die Rubrik „Neu eingetroffen“, um sich einen schnellen Überblick über neue Ware zu verschaffen. Besondere Raritäten werden übers Internet verkauft.
Gibt es seit: Sein eigenes Label hat Inhaber Jörg Steinmeyer bereits seit 2002. Das Geschäft am Hansaring eröffnete er 2018.
Kernkrach, Hansaring 5, 48155 Münster
Findet sich hier: Der gemütliche Laden mit dem 50er- und 60er-Jahre-Flair liegt am Hansaring direkt in Hafennähe. „Ich bin hier damals zufällig vorbeigefahren, als die Vormieter den Raum gerade freigeräumt haben. Ich war sofort verliebt und habe spontan gesagt: Das machen wir hier jetzt“, so Steinmeyer.
Das Sortiment: Bei Kernkrach finden vor allem Wave- und Synthie-Fans eine riesige Auswahl an gut sortiertem Vinyl (meist Neuware). Dazu gibt es sehr viel Indie, aber auch Punk, Metal, Elektro oder Pop und Rock. Das Angebot an Raritäten ist ebenfalls groß.
Über Musik reden: Inhaber Jörg Steinmeyer, selbst leidenschaftlicher Sammler, gehört zu jener Sorte Mensch, mit der man sich wohl stundenlang über Musik unterhalten könnte. „Viele kommen hierher, um ihr Wissen auszutauschen oder einfach nur Anekdoten zu erzählen“, sagt er. Kunden, die auch schon mal aus den USA, Kanada oder Japan angereist kommen, wird zudem gerne mal ein Bier oder ein anderes Getränk angeboten.
Wer sollte hier stöbern? Egal ob Neuware oder Second Hand: Bei Kernkrach kann man stundenlang stöbern und dabei die wunderbare Atmosphäre des Geschäfts aufsaugen. Der Laden, sagt Jörg Steinmeyer, sei nicht einfach nur ein Laden, sondern ein Gefühl. „Jedes Mal, wenn ich hier reinkomme, fühlt es sich so an, als wäre man ein Kind, das sich auf etwas ganz Besonderes freut.“ Vor allem Freunde von Minimal Wave, Underground Electronic oder Post Punk kommen hier auf ihre Kosten.