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Vor dem Erfrierungstod schützen

Seit zehn Jahren gibt es die Wohncontainer der Winternothilfe am Albersloher Weg. Hier finden Männer ohne Obdach Schutz vor Kälte. Die Projektleitung und das Team vor Ort stellen sich jedes Jahr den Herausforderungen.

Wer bei Minusgraden im Freien übernachtet, den kann der Erfrierungstod ereilen. Um dies zu verhindern, stehen seit November wieder Wohncontainer am Albersloher Weg. Diese Winternothilfe wird in Zusammenarbeit der Stadt Münster mit der Bischof-Hermann-Stiftung, dem Träger des HdW (Haus der Wohnungslosenhilfe), betrieben. In den 15 grauen Wohncontainern stehen je vier Übernachtungsplätze zur Verfügung, 60 Plätze insgesamt. In weiteren Containern befinden sich die gemeinschaftlichen sanitären Anlagen und eine Küche. Daneben gibt es einen Büro- und weitere Lagercontainer. Die Stadt stellt die Container; das Team der Winternothilfe kümmert sich um die Arbeit vor Ort. Diese kleine Containersiedlung, gelegen zwischen Kanal und Jovel, steht im starken Kontrast zur geradezu glanzvollen Innenstadt.

Für die Vorbereitungen hat die Projektleitung einen Monat Vorlaufzeit. Als niedrigschwelliges Angebot für alleinstehende Männer gibt es nur wenig Hürden, die genommen werden müssen, um einen Schlafplatz zu erhalten. „Die Aufnahme erfolgt bei uns oder andere Kolleginnen und Kollegen vom Sozialdienst des HdW, damit wir einen Überblick über die Belegung haben. Wir haben ein kurzes Aufnahme-Gespräch, die Personalien werden aufgenommen, die Hausordnung wird erläutert und unterschrieben. Dann gibt es für die betroffene Person einen Aufnahmebogen, mit dem sie zu den Containern am Albersloher Weg gehen können“, beschreibt Sophie Deitmar, die sich die Projektleitung mit Joshua Werner teilt. Sie haben im Oktober ein Team von 26 Personen zusammengestellt, die sich um alle anfallenden Aufgaben vor Ort am Albersloher Weg kümmern.

Neue Sicherheitsmaßnahmen

Nicht zu übersehen ist der Zaun, der seit diesem Jahr das Gelände eingrenzt. „Wir haben schon Rückmeldungen erhalten, dass es alles andere als schön aussieht. Und ja, optisch ist das absolut nicht ansprechend“, bemerkt Werner. „Es führt aber dazu, dass es sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Bewohner eine deutlich entspanntere Situation ist.“ Zusätzlich ist immer eine Security-Person vor Ort, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Beide Maßnahmen waren aus den Erfahrungen des letzten Jahres nötig, wie Deitmar erklärt: „An den Zeiten, als wir geschlossen hatten, war kein Security vor Ort und ohne Einzäunung konnten sich unbefugte Personen Zutritt zu dem Gelände verschaffen. So kam es zu Einbrüchen in Wohncontainer.“ Zudem hatten sich Menschen an dem Gelände angesammelt, die nicht bei der Winternothilfe gemeldet waren, wodurch es zu Konfliktsituationen mit den Bewohnern und umliegenden Anwohnenden kam. „Durch die Einzäunung ist für uns viel besser erkennbar, wer zu uns gehört“, so Deitmar weiter. „Dadurch können wir besser nachhalten, ob ein Bett benutzt wird oder wir es weitervergeben.“ Abgegrenzt ist ebenfalls der Bereich der Winternothilfe 2, die ausschließlich von der Stadt betrieben wird. Bereits im zweiten Jahr stehen hier wenige Plätze nach Einzelfallentscheidung zur Verfügung. Nötig sind diese, weil es vorkommt, dass Bewohner sich in der Winternothilfe nicht an die Regeln halten und ein Hausverbot ausgesprochen werden muss. „Theoretisch müssten wir diese Personen der Gefahr aussetzen, bei Minusgraden auf der Straße zu übernachten, wenn es die Winternothilfe 2 nicht gäbe. So können wir im Bedarfsfall sanktionieren und haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Sozialamt“, veranschaulicht Werner die Situation. Mit diesen Maßnahmen wird auf die Erfahrungen aus den Jahren reagiert, als es diese Möglichkeit noch nicht gab, um die Winternothilfe bedarfsorientiert zu gestalten.

Herausfordernde Perspektiven

Vor zehn Jahren begann das Projekt mit einem Container und vier Plätzen. Natürlich musste sich die Hilfe erst etablieren, aber ein Rückgang an Bedarf ließ sich bisher nicht feststellen. Die Auslastung in der Winternothilfe war in den letzten Jahren durchgehend hoch, aber bisher stand für jeden Anfragenden ein Bett zur Verfügung.

Die individuellen Bedarfe in der Winternothilfe sind unterschiedlich: Einige Klienten kommen lediglich, um nicht zu erfrieren. Ferner besteht aber auch die Möglichkeit einer sozialarbeiterischen Beratung, um dabei zu unterstützen, dass die Klienten nicht mehr auf der Straße leben müssen. Denn am 31. März endet die Winternothilfe, die Container werden wieder abgebaut und die Bewohner müssen ungeachtet der Witterungsverhältnisse gehen. Das stößt auf deutliche Kritik. „Der starre Zeitraum ist nicht unbedingt bedarfsorientiert. Für ein Projekt, das primär dazu da ist, vor dem Erfrierungstod zu bewahren, ergibt es unseres Erachtens nach keinen Sinn, nach Datum zu schließen. Und in den letzten Jahren kam es durchaus vor, dass es im April noch geschneit hat“, beanstandet Werner. „Viel sinnvoller wäre es, liefe die Winternothilfe bis Ende April. Ist es warm genug, gehen viele von alleine, aber man hätte einen Sicherheitspuffer.“ Wozu Deitmar ergänzt: „Der Anspruch des Projekts ist vor dem Erfrierungstod zu schützen. Wenn es im April schneit und man die Leute vor die Tür setzt, widerspricht es diesem Anspruch.“

Der Projektcharakter der Winternothilfe stellt die Beteiligten jedes Jahr vor Herausforderungen. Es sind beispielsweise keine nachträglichen Ausschreibungen nach Projektbeginn möglich. Auch wenn es aus den Vorjahren Strukturen gibt, auf die das Team zurückgreifen kann, ist nur ein Monat Vorbereitungszeit knapp bemessen. Wünschen würden Deitmar und Werner sich eine formale Standortsicherheit und dass die Stadt, genau wie die Bischof-Hermann-Stiftung, eine Projektstelle einrichtet, damit die Planung früher und gezielter angegangen werden kann.

Die Winternothilfe ist zweifelsohne mit Kosten verbunden, doch zeichnet sich kein Rückgang an Bedarf ab. Bleibt für dieses Jahr zu hoffen, dass es ab April nicht mehr friert.

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